Die Restauration

Als erstes muss wohl erwähnt werden, dass hier kein professioneller Karrosserieschlosser am Werk war. Alles, was an dem /8 restauriert oder besser gesagt repariert wurde, ist salopp ausgedrückt Laienarbeit.

Um die Frage möglicherweise gleich vorweggenommen zu beantworten, handelt es sich nicht um den geplanten Kauf eines Leichenwagens. Das Interesse an Fahrzeugen der 60er und 70er Jahre bestand schon vorher und mein erstes Auto war ein Opel Kadett B Bj. 71 als zweitürige Limousine. Der Kadett hatte eine sehr umfangreiche Reparatur nötig und wurde komplett zerlegt, geschweißt, mit Neuteilen versorgt, Lackiert...Eben das Komplettprogramm. Dabei habe ich meine ersten Erfahrungen mit kleineren Dengeleien und Schweißarbeiten gesammelt. Den Kadett besaß ich etwa drei Jahre, von denen ich zwei am /8 gearbeitet habe. Damals war ich noch Schüler und Zeit war ausreichend vorhanden. 

Der Kauf war eine der zufälligen Gelegenheiten, als ein Bekannter meines Onkels vor dem nächsten TÜV-Termin für seinen gewerblich genutzten /8-Pollmann-Umbau von der Werkstatt seines Vertrauens einen Kostenvoranschlag von 10.000 DM bekam, um mit dadurch finanzierten Blecharbeiten den Überwachungsverein zufrieden stellen zu können. Die Rechnung für den damaligen Besitzer war einfach: 10.000 DM = zu teuer...Also besser veräußern. Bei einem Telefonat wurde dann von meinem Onkel beiläufig erwähnt, dass der Leichewagen verkauft werden soll. Da Anschauen bekanntlich nix Kostet, sind wir zu dem Stift gefahren, in dessen Garage er immer während ungenutzter Zeit stand. Das Resultat ist schnell und einfach zu umschreiben: Die Garage war eng und dunkel, der Vorplatz unbefestigter Mutterboden und das Wetter deutscher Herbst. Hinzu kommt dann noch Null Erfahrung mit den echten Problemzonen von /8ern und einem durch gute Lackpflege und Chrompolitur eigentlich guten Gesamteindruck. Mit einem Schraubenzieher und einer Taschenlampe war auf jeden Fall schon klar festzustellen, dass die Schweller und Endspitzen neu gemacht werden mussten. Viel weiter brachte uns die Kriecherei erstmal nicht. Also haben wir uns wieder vom Besitzer verabschiedet und auf dem Rückweg schon darüber unterhalten, was wohl der /8 Wert ist. Bezahlt haben wir dann eher symbolische 500 DM. Ich bin mir bis heute nicht klar darüber, ob das zu wenig oder zu viel war.  
Bevor die wirkliche Reparatur dann anfing stand er noch etwa 1 Jahr in unserer Garage, (die für Arbeiten an dem Wagen zu klein war) bis ich mit der groben Blecharbeit am Volvo Amazon meines Vaters fertig war und endlich Zeit für den /8 hatte. Geplant waren die schon bei der Besichtigung festgestellten Reparaturen zu machen, noch ein wenig Technik, also Bremsen etc. und den Rest an Kleinarbeit der ja immer anfällt. Mit viel Elan haben wir ihn dann erstmal in unsere Schrauberhalle überführt und auf den vom Volvo freigewordenen Platz gestellt. Dann zu erst die Anbauteile runter... Bei der Demontage der vorderen Stoßstange sind mir dann trotz WD40 erstmal etwa 5 der Schrauben einfach abgerissen. Na ja, Hauptsache erstmal ab. Das Problem mit den so stark korrodierten Schraubverbindung zog sich dann durch die Demontage der Anbauteile und schnell stellte sich der erste Frust ein. Aber egal, denn bis zum August und der dann stattfindenden Sternfahrt wäre das alles locker zu schaffen (Also in 6 Monaten). Allerdings stellte sich am vorderen Querträger die erste kleine Überraschung ein. Der war nämlich komplett Knäckebrot und mit der Hand fast vollständig vom Wagen zu entfernen. Da wurde noch gedacht, dass sei auch nicht weiter wild. Deshalb Ersatzblech gekauft und erstmal eingeschweißt. Nach mehreren weiteren kleinen Überraschungen wuchs der Frust. Die von innen noch einwandfrei erscheinenden Schwellerspitzen zum Fahrer- und Beifahrerfußraum waren dies nur aufgrund einer neu eingeschweißten Bodenwanne. Das klingt ja ganz erfreulich aber leider war die einfach eingesetzt worden, ohne irgendwelches altes Blech zu entfernen. Es kristallisierte sich langsam aber sicher heraus, dass das ganze Unterfangen einen größeren Maßstab als geplant annehmen sollte. Also doch die komplette Demontage. Motor raus, Achsen Raus, einfach alles raus. Schraube um Schraube riss ab, hier fand man Rost da fand man Rost. Vielleicht sollte man den Wagen doch schlachten... Um eine nun endgültigen Gesamteindruck des Desasters zu bekommen, habe ich mich entschieden, den kompletten Unterbodenschutz (UBS) zu entfernen. Gut wenn man vorher wüsste, dass schon der Werksunterbodenschutz der Mercedesqualität alle Ehre macht. Irgendwas auf Kautschuk-Basis mit hervorragenden Zähigkeitseigenschaften und garstigstem Widerstand gegen Zopfbürsten. Darüber noch eine dicke, nachträglich von den Leuten mit der Ersatzbodenwanne aufgetragene Schicht auf Bitumenbasis. Super!!! Das hält den Rost bestimmt fern....Zu erst habe ich versucht, das ganze mit hoch aufgebocktem Wagen zu entfernen, aber das grenzte an Unmöglichkeit. Dann haben wir das altbewährte Verfahren des Auf-die-Seite-legens angewendet. Kritik an diesem Verfahren wurde schon vorher zur Kenntnis genommen und erfolgreich ignoriert. Das Entfernen des UBS hat volle 7 Tage meiner Schulferien und 3 Zopfbürsten in Anspruch genommen. Und nach weiterem Abtrennen mehrerer Blech(-oder eher Rost)reste zeigte sich das dokumentierte Resultat auf folgendem Bild...  
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Doch schlachten und Teile verkaufen. 

Allerdings ist Blech genügsam und der Antrieb einen Leichenwagen zu Restaurieren (Reparieren ist hier für die eigene Motivation ein zu schwaches Wort), sowie die gute Zurede von Mitleidenden an anderen Fahrzeugen wie E12ern, B-Kadetten, Amazonen und anderen /8ern lies mich mehr oder weniger kontinuierlich weitermachen. Aber trotz dem war Rost ein wirkliches Problem. Die Fotodokumentation ist leider sehr schlampig geworden, da ich mir nie sicher war, ob ich das auch zu Ende bringe. Deshalb hier erstmal die Fahrerseite. Das Ganze kann man ohnehin als Spiegelsymmetrisch zum Kardantunnel betrachen.

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Die Teilweise ersetzten Innenschweller wurden von den mysteriösen Mechanikern einfach übergelegt und ich glaube Hartgelötet (längere messingfarbene Verbundnähte). Ein Eldorado für Rost. Und damit die Rostreste unter dem Ersatzblech nicht anfangen während der Fahrt unangenehme Vibrationsgeräusche zu machen, noch einen dicken Klotz Bauschaum eingespritzt. Das gibt mir selbst wenigstens das Gefühl nicht der übelste Pfuscher zu sein. Allerdings auch einen Dicken Hals auf den Haufen Arbeit den ich mir angelacht habe. Also alles was Rost angesetzt hat erstmal raus schneiden. Wobei sich die Frage stellt, was noch übrig bleibt. Der nächst Termin war ein Einkauf bei Lagemann & Schelken. 2000mm x 1000mm x 1mm Tafelblech bitte...

Auf den Bildern ist nicht alles Rost, was da braun hervorsticht. Vor allem an den geschliffenen Stellen handelt es sich um Reste des Bitumenunterbodenschutzes und Hohlraumversiegelung. Wobei ich mich bei letzterem Frage wofür die Jungs das damals überhaupt da rein gemacht haben. Die haben hoffentlich nicht gedacht, dass es was bringt, Rost zu versiegeln.

Mit Aufsetzen des Schwellers war die Fahrerseite dann schon fast fertig. Der Schweller war und ist übrigens ein Originalersatzteil. Meiner Meinung nach ist alleine die Passform das Geld wert.

Die Blecharbeiten zogen sich dann weiter hin. Man kann sagen, dass es nicht einen Träger an dem Leichewagen gibt, der nicht geschweißt werden musste. Eigentlich schade um die ganze Arbeit, denn ein von innen angerostetes Original mit noch geringer Lebenserwartung ist vielen lieber als eine Schweißnaht...Wobei das verständlich ist, denn Blender gibt es einfach genau so viele wie Pfuscher.
Von den Blecharbeiten will ich hier nur noch auf einen Abschnitt eingehen, bei dem mir selber nicht ganz wohl war. Der vordere linke Längsträger hatte ein ca. 250mm langes Loch, das unter dem UBS entstanden war. Ich hab es erst entdeckt als der Wagen auf der Seite lag und sich so eine merkwürdige Beule abgezeichnet hat. Der Träger befestigt die Vorderachse, den vorderen Querträger und das Getriebe. Geht also von der Stoßstangenhalterung über die Vorderachse bis unter den Fahrerfußraum. Ich habe mich bei Mercedes nach dem Preis für den Originalträger erkundigt und meine etwas um 1200 DM im Gedächtnis zu haben. Dann noch die Unsicherheit, ob ich den da gerade rein bekomme, wenn der alte raus ist und 1200 Schleifen wären in den Wind geschossen. Aber Flickwerk wäre hier einfach nicht angebracht gewesen. Zum Glück hatte ein Bekannter, der wirklich Erfahrung mit den Benzen der 60er und 70er hat, gerade einen eigentlich noch guten 280er zum Schlachten. Ich bin also mit dem großen Winkelschleifer hingefahren und habe mir das teil komplett rausgetrennt. Für den Längsträger und den Hauptteil der Hinterachse, den er auch noch über hatte, habe ich dann 50 DM bezahlt. Als ich den Träger dann in unserer Schrauberhalle von allen überflüssigen Blechresten befreit hatte, musste ich mich fragen, wie bei mir dort riesige Löcher reinrosten, während ich das Gefühl hatte gerade ein Neuteil aus einem Schlachtwagen entfernt zu haben. Mit anderen Worten: der Ausgebaute Längsträger war in einem außerordentlich guten Zustand. Aus meinem Wagen habe ich den Träger entfernt, indem ich durch alle Schweißpunkte durchgebohrt habe, nachdem mehrere Kanthölzer die Position des Ersatzteils nachvollziehbar machen sollten. Die entstandenen Löcher im Träger waren nicht wichtig und die der Karosserie habe ich als Lochpunktverbindung für das Schlachtteil verwendet. Zusammen mit der Vorderachse und den Kanthölzern war es eigentlich kein Problem, den Träger einzuschweißen. Die tief sitzende Angst vielleicht doch einen Fehler gemacht zu haben verflüchtigte sich erst, als der Mechaniker der die Spur einstellte hier eine kleine Drehung an der Spurstange und da am Exzenter machte, um dann Wortlos an der Hinterachse weiterzumachen.

Mittlerweile war meine Schulzeit verstrichen, der Zivildienst auch fast zu Ende und mein Studium stand an. Die Zulassung erforderte ein 6-wöchiges Praktikum in grundlegender Metallbearbeitung, welches ich bei einem ansässigen Motorenbauer absolvierte. Und als dann die Frage kam, ob ich nicht was hätte, woran ich gerne Arbeiten wollte, fiel mir doch glatt das Antriebsaggregat meines /8ers ein. Die Gelegenheit war einfach klasse, einmal einen Motor unter Anleitung komplett zu zerlegen. Einige Teile waren noch gut (80.000 Laufleistung) andere mussten neu (immer nur Kurzstrecke). Neu: Steuerkette, Ventilschaftdichtungen, Ventilschäfte, Kolbenringe, Ventile neu eingeschliffen und alle Verbrennungsrückstände entfernt, Zylinderkopf gereinigt und geplant, Zylinderlaufflächen gehohnt, alle Dichtungen, Pleuellager, Kurbelwellenlager...Alt: Kurbelwelle, Nockenwelle, Kolben, Block, Zylinderkopf, Ventile, Ölpumpe, Steuerkettenführung.